Über das Theater o.N.

Profil

Das Theater o.N. ist ein freies Theater in Berlin, das Inszenierungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene produziert. In den letzten zehn Jahren hat sich das Theater zu einer festen Größe und Ankerposition in Berlin und bundesweit im Theater für die Jüngsten (0-6) entwickelt. Unser Herz schlägt für das allerjüngste Publikum, dem wir uns mit unserer künstlerischen und partizipativen Forschung, unseren Inszenierungen und unseren Symposien zuwenden. Das Kitapublikum Berlins, immerhin eine Viertelmillion Berliner Bürger*innen, mit unterhaltsamer und anspruchsvoller Tanz- und Theaterkunst zu versorgen, Treffpunkt und Anlaufstelle für interessierte Künstler*innen aus diesem Feld zu sein und durch überraschende Kooperationen innovative und experimentelle Impulse im Theater für (sehr) junges Publikum zu setzen, sehen wir als Ziel und Aufgabe unserer Arbeit.

Geschichte

Das Theater blickt auf eine lange Geschichte zurück. 1979/80 als Theater Zinnober gegründet, war es das erste und lange Zeit einzige freie Theater der DDR. In kollektiver Arbeitsweise entwickelten Künstler*innen wegweisende Inszenierungen wie „traumhaft“ (1985) oder „Die Bremer Stadtmusikanten“ (1986). Die Wende tangierte auch die Existenz des Theaters: Aufgrund steigender Mietpreise musste es in eine neue Spielstätte ziehen, nannte sich um in Theater o.N. und war seit 1996 in der Kollwitzstraße 53 beheimatet. 2025 wird dort Schluss sein und das Theater wird neue Räumlichkeiten etwas weiter nördlich in der Fröbelkapelle auf dem Gelände des Bezirksamt Pankow beziehen.

Neuausrichtung

2010 gelang auf dem Resonanzboden der bisherigen Geschichte der Theatergruppe ein neues Kollektiv von Individuen zusammen zu bringen. Das neue Team unter der künstlerischen Leitung von Ania Michaelis änderte die Organisationsstrukturen und etablierte zwei neue Konzepte der künstlerischen Arbeit: Theater und Tanz für die Jüngsten und Über den Kiezrand hinaus – Partizipative Projekte mit Kindern und Jugendlichen. Das Ensemble folgt der Idee, dass Kultur für alle Menschen von Bedeutung ist, egal welchen Alters und unabhängig von ihrer sozialen oder kulturellen Herkunft. Individuelle Biografien ernst zu nehmen und in Zeitbezug zu setzen, ist seit Gründung der Gruppe der Ansatz der Theaterarbeit. Ziel ist die Schaffung eines öffentlichen Raumes für ein gemeinsames ästhetisches Erleben der Generationen.

2012 übernahmen Dagmar Domrös und Vera Strobel die künstlerische Ko-Leitung des Theaters und bilden seit 2014 gemeinsam mit Doreen Markert das künstlerische Leitungskollektiv. Auf der Grundlage flacher Hierarchien und einem starken Ensemblegeist führte dieses Leitungskollektiv das Theater durch einen mehrjährigen Prozess des Generationenwechsels und der schrittweisen Professionalisierung der Strukturen. Seit 2021 wurden schrittweise feste Teilzeitstellen geschaffen, heute sind es fünf. Alle anderen Mitglieder des 20-köpfigen Ensembles arbeiten auf Honorar- und Projektbasis.

Equity und Barrierefreiheit

Seit 2018/19 rückt verstärkt der Öffnungsprozess in Richtung einer größeren Diversität im Team und auf der Bühne in unseren Fokus. Seit 2020/21 arbeiten wir außerdem an einer Verbesserung der Zugänglichkeit unseres Programms für Zuschauer*innen mit Behinderungen und für ein neurodiverses Publikum. Wir sind ein mehrheitlich weiß positioniertes, nicht behindertes Ensemble und Leitungskollektiv, was wiederum Auswirkungen auf unsere Beschäftigungen mit Themen wie Dekolonialität und Ableismus hat. Neben Workshops zu Antirassismus, kultureller Aneignung oder Ablismus holen wir uns immer wieder Beratung und Expert*innen in unsere Produktionsteams und delegieren, wo es möglich ist, künstlerische und konzeptionelle Verantwortung.

In unseren Verträgen verwenden wir eine in Kooperation mit der Kanzlei Laaser ausgearbeitete Antidiskriminierungsklausel – ein Baustein in unserem Bemühen, machtkritische und faire Arbeitsbedingungen zu schaffen.

Preise und Auszeichnungen

Das Theater o.N. wurde mehrfach ausgezeichnet für die Impulse, die es regional und international für das Theater von Anfang an sowie im partizipativen Bereich setzen konnte: Einladungen zu Augenblick mal! Das Festival des Theaters für junges Publikum mit der Inszenierung HARVEST von Isabelle Schad (2023) und den Klang-Stücken „Klangquadrat“ und „Schnürchen“ (2019). „HARVEST“ (2022), „Future Beats“ (2019), „Kleines Stück Himmel” (2016), „Weiße Wäsche” (2013) und „Kokon” (2011) waren nominiert für den IKARUS-Preis. 2023 wurde die Inszenierung „Flip-Flop“ von der Fachjury mit dem Preis als bestes Kindertheaterstück ausgezeichnet. 2014 erhielt das Theater o.N. den George-Tabori-Förderpreis. Einladungen zu renommierten Festivals mit Gastspielen oder als Referent*innen für Vorträge zu ästhetischen und inhaltlichen Fragen sehen wir als Bestätigung unserer Motivation, die internationale Kinder- und Jugendtheaterszene aktiv mitzugestalten.
Auch kulturpolitisch übernehmen wir Verantwortung: Das Theater o.N. ist Mitglied in der ASSITEJ und im LAFT Berlin, ist aktiv im AK Ost (Arbeitskreis der Kinder- und Jugendtheater in den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen) sowie dem Arbeitskreis der Berliner Kinder- und Jugendtheater. Vera Strobel war von 2014-2017, Dagmar Domrös von 2017-2022 im Vorstand des LAFT Berlin tätig und ist weiterhin in der Arbeitsgruppe zur Bezirkskultur engagiert.

Festivals

Seit 2013 ist das Theater o.N. Veranstalter des biennalen FRATZ International, einem Festival der darstellenden Künste für die Jüngsten mit Spielorten in sechs Berliner Bezirken. Mit der Festivalstruktur von FRATZ setzt sich das Theater für ein dezentrales Kulturangebot ein und will einen künstlerischen Beitrag gegen gesellschaftliche Spaltung und Ausgrenzung leisten. Gleichzeitig versammelt FRATZ die internationale Theaterszene für die Jüngsten in Berlin, um im Rahmen eines Symposiums und verschiedener Forschungsformate über die Entwicklung der Theaterform zu diskutieren. Das Projekt Berliner Schaufenster entwickelte das Theater o.N. im Jahr 2016, um eine Präsentationsplattform für die Berliner freien Szene des Kindertheaters (0-6J) zu schaffen und Austausch, Weiterbildung und Vernetzung der Akteur*innen zu fördern.

Repertoirebetrieb

Als Produzent entwickelt das Theater o.N. jährlich 1-3 neue Inszenierungen, viele davon für das jüngste Publikum und weitere für ein Publikum zwischen 6 und 14 Jahren sowie alle drei bis vier Jahre eine Ensemblearbeit für Erwachsene. Erfolgreiche Neuinszenierungen werden in der Regel in den Repertoirebetrieb der Spielstätte am Kollwitzplatz aufgenommen – erklärtes Ziel ist es, Eigenproduktionen über mehrere Jahre hinweg in regelmäßigen Abständen zu zeigen. 2023 wurden 13 Repertoirestücke und 3 Neuinszenierungen aufgeführt.

Ensemble

Das Theater arbeitet mit einem festen Ensemble als Kern und sucht immer wieder Anregungen von außen, indem Künstler*innen verschiedener Genres in das Team eingeladen und Kooperationen eingegangen werden.

Ästhetische Linien

Immer wieder hat sich das jetzige Theater o.N. erneuert und zugleich an seinen Traditionslinien als politisches Puppentheater festgehalten. Körperbetontes Spiel und Gesang, eine eigene Ausprägung der biografischen Methode und Material- und Objekttheater sind die Merkmale der Inszenierungen des Theater o.N. Mit diesen Mitteln – erweitert durch Impulse aus anderen Bereichen wie Neue Musik, zeitgenössischer Tanz, bildende Kunst – betreibt das Ensemble seine ästhetische Forschung, in den Arbeiten für die Jüngsten genauso wie für sein erwachsenes Publikum.